Ursachen von Lagerungsschwindel

Anders als bei vielen anderen Erkrankungen des Hör- und Gleichgewichtsorgans scheint die Ursache und der Mechanismus eines Lagerungsschwindels nahezu komplett aufgeklärt. Das Verständnis des anatomischen Aufbaus des Vestibularorgans ist Voraussetzung für das Verstehen und die Behandlung des Lagerungsschwindels.

Wo entsteht der Lagerungsschwindel?

Der Lagerungsschwindel entsteht im Gleichgewichtsorgan des Menschen und befindet sich in unmittelbarer Nähe des Innenohres, mit dem es auch verbunden ist. Beide Organe zusammen werden als Labyrinth bezeichnetet. Das Vestibularorgan unterteilt sich in fünf Bestandteile:

  • drei Bogengänge,
  • der Utriculus
  • und der Sacculus

Lagerungsschwindel Ursache

Die drei Bogengänge

3 Bogengänge, die auch als „Cupulaorgane“ bezeichnet werden. Die Bogengänge sind für die Registrierung von Drehbewegungen verantwortlich. Sie sind in die drei Ebenen des Raumes angeordnet und unterteilen sich in einen vorderen, hinteren und seitlichen Bogengang.

Die Bogengänge sind mit Flüssigkeit gefüllt. In jedem dieser Bogengänge gibt es jeweils einen kleinen „Knubbel“ (Ampulla). In diesem „Knubbel“ befinden sich die Nervenzellen, die für die Registrierung der Drehbewegungen verantwortlich sind.

Der Utriculus

 Der Utriculus ist für Registrierung der horizontalen Bewegung (vor und zurück) zuständig. Er meldet also dem Gehirn, ob wir uns vor oder zurück bewegen.

Der Sacculus

Der Sacculus registriert die Veränderungen in der vertikalen Ebene, wie wir sie beim Liftfahren für das Auf und Ab benötigen. Meine Eselsbrücke hier ist: „Wenn man im Fahrstuhl absackt, dann ist der Sacculus dafür zuständig“

Für den Lagerungsschwindel sind nun gerade der Utriculus und der Sacculus sehr interessant. Der Fachmann bezeichnet sie als „Maculaorgane“. Damit die beiden die statischen Veränderungen, wie Vor und Zurück oder Auf und Ab registrieren können müssen sie etwas „beschwert“ werden.

Im Utriculus und Sacculus finden sich Nervenzellen, die in eine gallertartige Masse münden und den so genannten „Otolithen“. Die Otolithen sind feine Kristalle aus Kalziumkarbonat und erhöhen die Dichte der gallertartigen Membran.

Im Jahr 1969 leistete H. F. Schuknecht einen entscheidenden Beitrag zur Klärung der Ursache und Pathogenese der Erkrankung. Bei Autopsien von Patienten mit einem gutartigen Lagerungsschwindel fand er Ablagerungen auf dem so genannten Cupulaorgan im hinteren Bogengang. Dies führte zur ersten Theorie der „Cupulolithiasis“. Verstreute Otolithen würden demnach direkt auf der Cupula der Bogengänge zu liegen kommen und bei Lageänderung des Kopfes durch ihre Gravitationskraft einen Drehschwindel verursachen.

Bereits 4 Jahre später musste diese Theorie jedoch begraben werden. Schuknecht und Ruby wiesen darauf hin, dass die kurze Dauer und das wechselnde Auftreten von Ermüdbarkeit von Schwindel und Nystagmus durch die Cupulolithiasis Theorie nicht erklären lassen.

Es scheinen also nicht die einzelnen kleinen Steinchen zu sein, die das Problem verursachen, sondern eher ein „Otolithenpfropf“, der zu Endolymphbewegungen in den Bogengängen führt. Durch Sog oder Druck wird das Cupulaorgan des Bogengangs ausgelenkt und dies führt dann zu den klassischen Symptomen. Diese neue Theorie bezeichneten sie daher als „Canalolithiasis“.

Die Canalolithiasis – Hypothese vermag also die meisten Eigenschaften des gutartigen Lagerungsschwindels besser zu erklären. Bestätigt wurde sie schon mehrfach in Operationen des hinteren Bogengangs. Man fand während der Operation regelmäßig diese Otolithenpföpfe.

Trotz dieser für die meisten Fälle zutreffenden Hypothese gibt es noch offen Fragen, vor allem hinsichtlich der Therapierestistenz bei der die Kombination beider Mechanismen eine Rolle spielen könnten.


In Tierversuchen konnte nachgewiesen werden, dass Otolithen sehr leicht durch lineare oder Zentrifugalbeschleunigungen herausgelöst werden können. Aufgrund der anatomischen Nähe werden sie fast immer im hinteren Bogengang angetroffen. Das Vorkommen eines gutartigen Lagerungsschwindels des hinteren Bogenganges bei Patienten mit Schädeltrauma bestätigt diese Untersuchung. Ein Trauma (Schlag oder Schädeltrauma) kann folglich Ursache eines Lagerungsschwindels sein – auch wenn es bereits länger zurückliegt.

Aber auch ohne äußere Einwirkung können sich die Otolthen lösen und Beschwerden machen. Das Alter scheint hierbei eine wichtige Rolle zu spielen Die Degeneration von Otolithen erklärt vor allem das Auftreten eines gutartigen Lagerungsschwindels im mittleren und höheren Lebensalter.

Die Anzahl der Otolithen soll sich mit zunehmenden Alter verringern (Ross et al. , 1976). Dengenerierte Otolithen könnten so spontan in die Bogengänge gelangen. Vor allem wegen der Anatomie ist der hintere Bogengang prädestiniert.

Eine interessante Beobachtung machten Lindsay und Hemenway 1956. Sie entdeckten in ihrer Arbeit mehrere Fälle, bei denen die Symptomatik eines gutartigen Lagerungsschwindels in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang von mehreren Tagen bis mehreren Monaten nach einem akuten, isolierten Vestibularisausfall aufgetreten ist, meistens auf der gleichen Seite wie der Ausfall des Vestibularorgans. Die Erkrankung wird nach deren Entdecker als Lindsay-Hemenway-Syndrom bezeichnet. Die genaue Ursache dieser Störung im Bezug auf den Lagerungsschwindel ist nicht bekannt. Es werden Durchblutungsstörungen vermutet.